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Missbrauchsfolgen überwinden - ein Mann mit Mut zu Gast bei den Männergeschichten

11. Oktober 2019

FotoFSaalbach
Über die Ursachen von Depression und Suizidalität sprechen – Ferdinand Saalbach zu Gast bei den „Männergeschichten“

 

Gerade erklingt die letzte Zeile der System of a Down-Ballade „Lonely Day“. Ferdinand Saalbach singt leise und mit geschlossenen Augen „it´s a day I`m glad I survived“. Im Hintergrund prangt ein Bild von Saalbach auf der Leinwand, das ihn mit Doppelkinn, fettigen Haaren und einem von Pickeln übersäten Gesicht zeigt. Ein Bild, das seinen absoluten Tiefpunkt symbolisiert. Einen der Tage, an denen er erkannte, wie furchtbar die Gräueltaten waren, die ihm in seiner Kindheit angetan wurden und ein Tag, an dem er erkennen musste, wie lange und intensiv er unter den Folgen dieser Taten gelitten hat und bis heute leidet.

Ferdinand Saalbach nahm sein Publikum mit auf eine Reise durch seine letzten zwei Jahre. Durch zwei Jahre, in denen er sein Leben aufgearbeitet hat und dabei mit Dingen konfrontiert wurde, die für viele Menschen unvorstellbar sind. Er erzählt bildhaft von seiner Karriere und davon, wie er mit Autos, Geld und Erfolgen verdrängte, was ihn innerlich auffraß: das Aufwachsen ohne liebende Eltern, eine Verwahrlosung trotz wohlhabender Familie, die Erniedrigungen durch seine Stiefmutter und nicht zuletzt auch der sexuelle Missbrauch durch seine eigene Mutter.

Wie auch in seinem Buch „Steine im Rucksack“ folgte der Abend der Dramaturgie seiner eigenen Erkenntnisreise. Von der oberflächlichen und triebhaften Turbo-Karriere über seinen Zusammenbruch nach der insgesamt dritten Kündigung bis hin zur detailreichen und intimen Aufarbeitung der Dinge, die ihn seit Jahren belastet hatten. Und damit die Zuhörer verarbeiten können, was ihnen dargeboten wird, unterbricht Saalbach seine Erzählung immer wieder und spielt Musikstücke, die zu dem passen, was er in den Momenten, von denen er gerade berichtet hat, gefühlt hat.

Am Ende erleben die Teilnehmer einen Menschen, der ehrlich zu seiner Geschichte und seiner Angst steht. Der damit aber auch Mut macht. Denn Saalbach hat sich gerade mit den Wunschträumen selbständig gemacht, die ihm bereits seit Kindheitstagen im Kopf herumgeschwirrt sind: er arbeitet jetzt als Moderator, Musiker und eben auch als Autor und Speaker. Er möchte mit seiner Geschichte und seinen Gedanken inspirieren. Er möchte dazu aufrufen, dass auch andere beginnen, auf ihre Geschichte zu schauen und ihre Steine im Rucksack zu untersuchen. Er möchte Werbung dafür machen, dass der Gang zum Psychologen bei einem mentalen Problem genauso selbstverständlich wird wie der Gang zum Hausarzt bei einer Grippe.

Und wer erlebt hat, wie relativ gelöst und ausgeglichen Saalbach an diesem Abend gewirkt hat und welche Kraft und Motivation er aus der Überwindung seiner Geschichte gezogen hat, der ist überzeugt davon, dass das auch gelingen wird.

Das zeitgleich erschienene Buch „Steine im Rucksack“ von Ferdinand Saalbach gibts hier.